LESERFRAGEN Ratgeberaktion „Wie ich lebe und sterbe, entscheide ich“ am 18.04.2013

Die meist gestellten Leserfragen am Expertentelefon „Wie ich lebe und sterbe, entscheide ich. So lange wie möglich in den eigenen vier Wänden wohnen“ am 18.04.2013

 

 

 

 

 

 

 

Meine Frau ist seit über zwei Jahren pflegebedürftig und ich pflege sie in unserer Eigentumswohnung. Wie kann ich die Pflege von uns beiden absichern, wenn auch ich pflegebedürftig werden sollte? Wir haben nämlich keine Kinder und wollen hier wohnen bleiben.

  • Manfred Anton, München, Geschäftsführer der Astra Ambulante Pflege GmbH, Experte auf dem Gebiet der ambulanten Pflege und stationärer Altenhilfeeinrichtungen: Auch wenn beide Partner pflegebedürftig sind – einer dem anderen also kaum noch behilflich sein kann, ist ein Verbleib zuhause grundsätzlich möglich. Immerhin haben dann vermutlich beide eine Einstufung und der Anspruch gegenüber der Pflegekasse ist insgesamt entsprechend höher. Ob es darüber hinaus noch möglich beziehungsweise sinnvoll ist, eine Pflege-Zusatzversicherung abzuschließen, müsste mit Versicherungsfachleuten besprochen werden. Nicht zuletzt hilft das Vorhandensein einer Eigentumswohnung, die es ermöglicht, auch Eigenmittel einzubringen. Aber auch ohne Vermögen ist der Verbleib zu Hause finanzierbar. Das Sozialgesetzbuch XII sieht eine „Hilfe zur Pflege“ vor. Auch hier gilt der Grundsatz „ambulant vor stationär“.

Mein Schwiegervater kennt jemanden, der uns eine günstige Pflegerin für meinen Vater vermitteln könnte. Die Dame ist Polin. Wie kann ich dafür sorgen, dass da alles mit rechten Dingen zugeht?

  • Manfred Anton: Die Rechtslage ist kompliziert. Man kann sich an größere Träger ambulanter Pflege wenden, die teilweise Kooperationen mit Vermittlern eingegangen sind und insofern ein starkes Eigeninteresse haben, dass alles mit rechten Dingen zugeht. „Selbstständige“ sollte man eher nicht beschäftigen, weil es sich dann letztlich um eine Scheinselbstständigkeit handelt. Auf der sicheren Seite ist man, wenn man sich eine Hilfe über die Arbeitsagentur vermitteln lässt, die dann allerdings nur im hauswirtschaftlichen Bereich tätig sein darf.

Meine Frau, sie war jünger als ich, ist vor drei Wochen gestorben. Ich komme allein nicht so gut mit den Alltagsdingen wie Putzen und Einkaufen zurecht. Muss ich deshalb jetzt schon ins Altersheim? Ich bin eigentlich noch ziemlich fit für meine 83 Jahre.

  • Manfred Anton: Ein Umzug in ein Altersheim ist definitiv noch nicht notwendig. Wenn Unterstützung im privaten Umfeld nicht möglich ist, kommen Pflegedienste infrage, die in der Regel auch Mitarbeiter beschäftigen, die Aufgaben im Haushalt übernehmen. Liegt keine Einstufung vom Medizinischen Dienst vor, muss die Leistung privat bezahlt werden. Eine Alternative wäre, in ein Betreutes Wohnen umzuziehen. Dort wohnt man auch zur Miete und ist sein „eigener Herr“, kann aber auf ein vielfältiges Angebot von Unterstützungsleistungen zurückgreifen. Im Idealfall ist das Betreute Wohnen an eine stationäre Altenhilfeeinrichtung angebunden, sodass man im Falle einer zunehmenden Pflegebedürftigkeit, die sich mit ambulanter Pflege nicht mehr auffangen lässt, die Umgebung nicht noch einmal wechseln muss.

Ich bin 35 Jahre alt. Ab wann ist eine private Pflegeversicherung sinnvoll und was ist, wenn später die Kosten für Pflege steigen?

  • Peter Straßer, Experte für Leistungen der privaten Pflegeversicherung bei der Münchener Verein Versicherungsgruppe: Je früher eine Pflegezusatzversicherung wie zum Beispiel unsere Pflegetagegeldversicherung „Deutsche Private Pflege Plus“ abgeschlossen wird, umso günstiger sind die monatlichen Beiträge. Diese Absicherung beinhaltet einen Inflationsschutz in Form einer Dynamisierung. Ändern sich die Lebenshaltungskosten gemäß dem Verbraucherpreisindex für Deutschland, hat die versicherte Person – auch bei bestehender Pflegebedürftigkeit – Anspruch auf Erhöhung des Pflegetagegeldes ohne erneute Gesundheitsprüfung und ohne neue Wartezeiten.

Wie komme ich an die neue Förderung zum Pflege-Bahr, und reicht das aus, um die Pflegekosten zu decken? Kann ich die Beiträge auch von der Steuer absetzen?

  • Peter Straßer: Voraussetzung für die staatliche Förderung ist, dass der Versicherte über 18 Jahre alt ist, keine Pflegebedürftigkeit besteht und keine Einstufung in der sogenannten Pflegestufe 0 erfolgt ist. Der Pflege-Bahr alleine ist nur ein Schritt zur Schließung der Versorgungslücke im Pflegefall und reicht nicht aus. Deshalb empfiehlt sich eine zusätzliche private Vorsorge zum Beispiel in Form einer Pflegetagegeldversicherung. Beiträge für eine Pflegezusatzversicherung können steuerlich im Rahmen der „sonstigen Werbeaufwendungen“ geltend gemacht werden.

Darf das Geld aus der privaten und gesetzlichen Pflegeversicherung frei verwendet werden – zum Beispiel auch für Umbauten im Bad und zur Überwindung der Treppen?

  • Peter Straßer: Das Pflegetagegeld aus einer privaten Pflegezusatzversicherung und die Leistungen des Pflege-Bahr stehen dem Versicherten zur freien Verfügung. Ein behindertengerechter Badumbau kann beispielsweise aus den genannten Pflegeleistungen finanziert werden. 

Ich lebe bei meiner Tochter und da geht es mir auch gut. Aber weil meine Tochter selbst im Rollstuhl sitzt, wird sie mich auf keinen Fall pflegen können. Zumindest nicht allein. Was müssen wir tun, damit wir bis zu meinem Tode gemeinsam wohnen können?

  • Annette Bubans, Frankfurt / Main, Pflegeberaterin der Deutschen BKK, Expertin für Problemlösungen im Zusammenhang mit Pflegebedürftigkeit: Es gibt viele Möglichkeiten, die von der Pflegekasse und auch von der Krankenkasse für die Pflege zu Hause zur Verfügung gestellt werden. Hilfsmittel wie ein Pflegebett oder ein Badewannenlifter können bei medizinischer Notwendigkeit auch ohne Pflegebedürftigkeit genutzt werden. Wurde eine Pflegebedürftigkeit festgestellt, kann man in der Pflegeversicherung unter verschiedenen Leistungen wählen. Das Pflegegeld wird gezahlt, wenn die Pflege durch private Personen wie Verwandte, Nachbarn oder bei Ihnen angestellte Pflegekräfte sichergestellt ist. Die Pflege kann auch von einem ambulanten Pflegedienst unterstützt oder übernommen werden. Je nach Pflegestufe stehen dabei unterschiedliche Beträge zur Verfügung.

Seit einem Jahr ist mein Vater im Pflegeheim. Darf er zeitweise bei uns wohnen, wenn ich zum Beispiel Urlaub habe?

  • Annette Bubans: Bei Abwesenheitszeiten im Heim, zum Beispiel aufgrund der zeitweisen Rückkehr in den häuslichen Bereich, wird von den Pflegeheimen grundsätzlich ein sogenanntes Platzgeld in Rechnung gestellt. Das Pflegeheim muss in diesen Fällen den Pflegeplatz für bis zu 42 Tage im Kalenderjahr freihalten. Für die ersten drei Tage der Abwesenheit darf das Pflegeheim das volle Heimentgelt in Rechnung stellen, ab dem 4. Tag darf das Pflegeheim nur noch das um 25 Prozent gekürzte Heimentgelt abrechnen. Einem Aufenthalt zu Hause steht somit nichts im Wege.

Mein Vater benötigt professionelle Pflege, denn ich kann ihn aufgrund meiner Berufstätigkeit und meiner zwei Kinder leider nicht pflegen. Gibt es Qualitätssiegel oder besonders wichtige Kriterien, auf die wir bei der Wahl eines ambulanten Pflegedienstes oder eines Pflegeheims achten sollten?

  • Annette Bubans: Jedes Pflegeheim und jeder Pflegedienst werden regelmäßig vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung überprüft. Diese Prüfberichte können im Internet eingesehen werden. Unter der Internetadresse www.bkk-pflegefinder.de zum Beispiel finden Sie Pflegeeinrichtungen in Ihrer Umgebung. Dort sind Daten wie Kosten oder Qualitätsmerkmale in Schulnoten sowie der komplette Pflegetransparenz-Bericht der letzten Prüfung hinterlegt. Selbstverständlich ist es immer hilfreich, sich vor Ort in einem Pflegeheim oder einer Tagespflegeeinrichtung ein eigenes Bild zu machen.

Meine Frau und ich sind 55, die Kinder bald aus dem Haus, welches wir dann für unser Alter und auch den Ernstfall, die Pflege, fit machen wollen – was sollten wir dabei beachten und welche Finanzierungsmöglichkeiten gibt es? Hilft der Staat dabei?

  • Bernhard Reindl, München, Diplom-Sozialpädagoge und Betriebswirt, Bereichsleiter Wohnen im Alter und bei Behinderung im Verein Stadtteilarbeit e.V., Experte für das Wohnen im Alter: Ideal ist es, wenn man ein Haus möglichst „barrierefrei“ umgestalten kann. Dazu gehört vor allem dreierlei: Schauen Sie, wie Sie Ihren Hauszugang möglichst ohne Stufen und Schwellen verändern können – und am besten auch gleich die Terrasse. Bauen Sie eine barrierefreie Duschmöglichkeit ein, idealerweise im EG. Das WC sollte gut zugänglich sein, auch damit bei Bedarf eine Assistenzperson Unterstützung geben kann. Altersgerechte Toiletten sind in aller Regel etwas höher als der Standard. Weil Sie noch gesund sind, kommt für Sie nur eine Förderung über die KfW-Bank infrage, die altersgerechte Umbauten unabhängig vom Alter und Gesundheitszustand mit Zinssubventionen bis zu einer Kredithöhe von 50.000 Euro fördert.

Mein Vater hatte vor Kurzem einen Schlaganfall, kommt zwar in ein paar Wochen aus der Reha, wird aber noch lange Pflege benötigen und im Rollstuhl sitzen. Er will unbedingt in seiner Wohnung bleiben. Doch dafür muss das Bad umgebaut werden – dürfen wir das überhaupt in einer Mietwohnung und was ist dabei zu beachten?

  • Bernhard Reindl: Sie müssen bei allen baulichen Veränderungen die Zustimmung Ihres Vermieters einholen. Der rollstuhlgerechte Badumbau mit einer barrierefrei zugänglichen Dusche fällt darunter. Das BGB regelt im § 554a, dass der Mieter vom Vermieter die Zustimmung verlangen kann, wenn er ein berechtigtes Interesse an diesen Umbauten hat. Bei der geschilderten gesundheitlichen Einschränkung trifft dies nach Lage der Dinge zu. Ihr Vermieter kann allerdings verlangen, dass Sie beim Auszug den ursprünglichen Zustand wiederherstellen und eine Sicherheitsleistung hinterlegen. Finanziell geht der Umbau voll zulasten des Mieters.

Ich war schon immer gesellig, habe bereits in Zeiten meiner Ausbildung in einer WG gewohnt. Das kann ich mir auch im Alter vorstellen. Ich würde dann gerne eine Senioren-Wohngemeinschaft gründen. Muss man da bestimmte Fragen vorab klären?

  • Bernhard Reindl: Sie sollten im Vorfeld einige Fragen beantworten: Wie finden Sie Ihre künftigen Mitbewohner, geht es Ihnen primär um Gemeinschaft und um eine preisgünstige Wohnmöglichkeit? Oder geht es auch um die gegenseitige Unterstützung im Alter? Teilen Ihre Mitbewohner Ihre Sichtweise? Denken Sie an Miete oder Kauf? Auch die Rechtsform muss geklärt werden? Reicht eine GbR oder gibt es einen Hauptmieter und die anderen WG-Bewohner sind Untermieter? Und wissen Sie, wie Sie Fluktuation und Neubesetzung in der bestehenden WG regeln wollen?
Quelle: deutsche journalisten dienste (djd),
Gesundheitsthemen